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Titelbild zum Artikel zur Erklärung der kovalenten Bindung Die NMR(Nuclear Magnetic Resonance)-Spektroskopie ist das Mittel der Wahl, wenn eine schnelle und aussagekräftige Analytikmethode in der (organischen) Chemie benötigt wird. Durch sie lassen sich vor allem organische Strukturen nachweisen, und unbekannte Strukturen aufklären. Zurecht also, lässt sie sich nicht mehr aus dem Alltag von vielen Forschenden wegdenken. In diesem Artikel erhältst Du eine Einführung in die Theorie dieser Methode. Wie auch bei der IR-Spektroskopie soll vor allem Wert auf das gelegt werden, worauf es am Ende auch wirklich ankommt im Labor. NMR kann verschiedene chemische Umgebungen nachweisen Bei der NMR-Spektroskopie erhalten wir in erster Linie Infos über die Umgebung von Atomkernen. Also ausnahmsweise werden bei dieser Methode keine Elektronen angeregt. Das heißt aber auch, dass wir erstmal verstehen müssen, welche Übergänge hier stattfinden.
Achtung: Die Physik hinter der NMR-Spektroskopie ist ziemlich kompliziert für Neulinge und wird im Folgenden vereinfacht.

Der Kernspin

Manche Atomkerne verfügen über einen Kernspin `I`, darunter der 1H-, 13C- und der 19F-Kern. Der Kernspin ist eine intrinsische Eigenschaft des Kerns und beschreibt dessen Gesamtdrehimpuls, welcher sich aus den Drehimpulsen der Protonen und Neutronen zusammensetzt. Es ähnelt zwar dem Drehimpuls in der klassischen Physik (bspw. Drehung eines Fußballs), allerdings ist der Kernspin eine innere Eigenschaft der Protonen und Neutronen, und lässt sich deshalb nicht direkt mit einer Eigenschaft aus der makroskopischen Welt vergleichen. Es ist mehr eine Eigenschaft, die „einfach da ist“, wie bspw. die Ladung oder die Masse dieser Teilchen. Trotz alledem können wir mit dieser quantenmechanischen Größe wechselwirken, indem wir ein Magnetfeld anlegen.

Der Kernspin ist eine vektorielle Größe, und besitzt somit einen Betrag und eine Richtung. Die Richtung des Kernspins ist zu Beginn willkürlich – es gibt keinen Grund, warum der Spin in eine bestimmte Richtung zeigen sollte. Anders sieht es aus, wenn wir ein externes Magnetfeld `B_0` anlegen. Befinden sich die Kerne in einem Magnetfeld, gibt es nun nur zwei definierte Richtungen, in welche sich der Spin ausrichten kann: Entlang des Magnetfelds (alpha-Spin) oder entgegen des Magnetfelds (beta-Spin). Hierbei ist es energetisch günstiger, wenn der Spin in dieselbe Richtung zeigt wie das Magnetfeld.
Grund für diese Ausrichtung ist, dass der Kernspin ein sogenanntes magnetisches Dipolmoment `gamma`mit sich bringt. Dieses Dipolmoment entsteht durch die Bewegung der positiv geladenen Protonen im Atomkern und verhält sich wie ein kleiner Stabmagnet. In Anwesenheit eines externen Magnetfeldes wechselwirkt dieses Dipolmoment mit dem Feld und erfährt dabei ein Drehmoment, das dazu führt, dass es sich entweder parallel (niedriger Energiezustand) oder antiparallel (höherer Energiezustand) zum Magnetfeld ausrichtet. Ausrichtung der Kernspins im Magnetfeld
Wie kann ich mir das vorstellen?
Dies lässt sich mit einem Kompass im Erdmagnetfeld vergleichen. Die Kompassnadel wird sich spontan entlang des Erdmagnetfelds ausrichten (analog zur alpha-Orientierung). Um die Nadel in die entgegengesetzte Richtung zu drehen, müssen wir Energie aufwenden (analog zur beta-Orientierung).
Ein Kompass funktioniert, weil die Kompassnadel ein Magnetdipol ist, welche sich entlang Feldlinien des Erdmagnetfelds ausrichtet. Bei Atomkernen mit Kernspin liegt zwar kein Magnet vor, aber ein magnetisches Dipolmoment aufgrund ihres Kernspins. Dieses Dipolmoment nimmt ebenfalls bevorzugte Orientierungen entlang eines externen Magnetfelds ein, was zur Energieaufspaltung zwischen den Spin-Zuständen führt.

Damit ein Kern NMR-aktiv ist, muss der Kernspin ungleich 0 sein (`I\ne0`). Ist der `I=0`, so liegt kein Gesamtdrehimpuls und dadurch kein magnetisches Dipolmoment `gamma` vor, und der Kern wechselwirkt nicht mit dem externen Magnetfeld `B_0`.

Diese Aufspaltung der Spinzustände innerhalb eines magnetischen Felds wird auch als Zeemann-Effekt bezeichnet. Je stärker das Magnetfeld `B_0`, desto größer ist die Energiedifferenz `∆E` zwischen alpha- und beta-Spin. Damit diese Energiedifferenz ausreichend groß ist, benötigen wir in der NMR-Spektroskopie ein sehr starkes Magnetfeld. Zemann-Effekt führt zur Aufspaltung von Spinzuständen im Magnetfeld

NMR-Resonanz/ Spin-Flip

Damit ein Übergang eines Kerns vom alpha-Spin zum beta-Spin stattfinden kann, wird also eine bestimmte Energie (`∆E`) benötigt. Bestrahlen wir unseren Kern im Magnetfeld mit Licht, dessen Energie genau `∆E` entspricht, so findet ein Spin-Flip zum beta-Spin statt (Resonanz). Die Energie wird absorbiert und der Kern befindet sich im angeregten Zustand. Das Licht, welches für die Absorption geeignet ist, befindet sich im Radiowellen-Bereich und ist somit sehr langwellig.
Sobald sich der Kern sich im angeregten Zustand befindet, wird er nach kurzer Zeit wird in den Grundzustand abfallen. Hierbei emittiert es ein Photon, wessen Energie gerade `∆E` entspricht. Dieses Photon können wir nun detektieren und so nachweisen, dass es einen Spin-Flip mit der Energie `∆E` gegeben haben muss. Emission und Detektion eines Photons nach Spinflip

Die Energiedifferenz `∆E`

Wir messen bei der NMR-Spektroskopie die Energiedifferenz `∆E` des Spinflips. Aber wie können wir hieraus bei der Auswertung Informationen beziehen? Hierfür ist es wichtig zu wissen, dass `∆E` primär von drei Faktoren abhängt:
  • (i) Stärke des Magnetfelds
  • (ii) Kerntyp (1H, 13C)
  • (iii) Chemische Umgebung des Kerns
Die Stärke des Magnetfelds haben wir bereits angesprochen (s. Zeemann-Effekt). Der Kerntyp ist höchst relevant für ΔE, da jeder Kern ein eigenes gyromagnetisches Verhältnis `gamma` besitzt. Dieses Verhältnis bestimmt, wie stark das magnetische Moment des Kerns auf ein externes Magnetfeld reagiert.
Das magnetische Moment eines Kerns hängt von seiner Masse und Ladungsverteilung ab, weshalb unterschiedliche Kerne im gleichen Magnetfeld bei völlig unterschiedlichen Frequenzen absorbieren. Dadurch lassen sich NMR-Messungen gezielt auf bestimmte Kernarten ausrichten (1H-NMR, 13C-NMR, usw.).

Genauso wichtig ist aber die chemische Umgebung des Kerns. An welcher Stelle sich ein Atomkern innerhalb eines Moleküls befindet, hat nämlich auch einen Einfluss auf `∆E`. Grund hierfür ist, dass die Elektronen des Atoms das externe Magnetfeld zu einem gewissen Grad abschirmen. Das Magnetfeld, welches der Kern spürt, ist also etwas schwächer als das externe Magnetfeld `B_0`. Man spricht auch vom effektiven Magnetfeld `B_(eff)`, in welchem sich der Kern befindet. Abschirmung des externen Magnetfelds durch die Elektronen Und wir erinnern uns: Eine Änderung des Magnetfelds sorgt für eine Änderung der Aufspaltung und somit Änderung von `∆E`. Wir können also mit Hilfe der NMR-Spektroskopie Atomkerne anhand ihrer chemischen Umgebung innerhalb eines Moleküls differenzieren!
Konkret unterscheidet man entschirmte und abgeschirmte Kerne. Abgeschirmte Kerne tragen viel Elektronendichte um sich, welche das externe Magnetfeld stärker abschirmen und somit zu einem recht schwachen effektiven Magnetfeld `B_(eff)` führen. Folglich ist die Aufspaltung, und dadurch `∆E`, kleiner. Genau andersherum ist es bei entschirmten Kernen. Andere chemische Umgebung führt zu anderem effektiven Magnetfeld Für den Rest des Artikels halten wir also fest:
Bei der NMR-Spektroskopie werden Spinflips im Kern geeigneter Atome mit der Energiedifferenz `∆E` angeregt. Wie hoch `∆E` ist, hängt von der Stärke des externen Magnetfelds `B_0`, des Kerntyps/ Elements, und der chemischen Umgebung ab. Somit absorbieren sogar Kerne desselben Elements verschiedenes Licht, insofern sie sich in unterschiedlichen chemischen Umgebungen befinden. Dies nutzen wir aus, um verschiedene chemische Umgebungen innerhalb eines Moleküls nachzuweisen.

Das NMR-Spektrum

Bevor wir zur Auswertung eines NMR-Spektrums kommen, schauen wir uns erstmal an, wie ein solches Spektrum überhaupt ohne Probe aussieht. Leeres NMR-Spektrum Wir sehen, dass die Intensität `I` gegen die chemische Verschiebung `delta` aufgetragen ist. Die absoluten Werte für `I` sind in der Praxis irrelevant, da sie auch davon abhängen, wie viel Milligram der Probe wir im NMR-Röhrchen gelöst haben. Wichtig ist später nur die relative Intensität der Signale zueinander.
Wir sehen außerdem auch ohne gelöste Probe zwei Signale im Spektrum. Das Signal bei exakt 0 ppm stammt von einem Referenzmolekül, meistens Tetramethylsilan (TMS), und befindet sich bereits im NMR-Lösungsmittel, wenn man es kauft. Eine Referenz ist notwendig, damit wir die relative chemische Verschiebung ermitteln können.
Wie oben erwähnt, ist die Aufspaltung und damit `∆E`, auch von der Stärke des externen Magnetfelds `B_0` abhängig. Es wäre jedoch unpraktisch, wenn jedes Labor weltweit denselben Magneten verwenden müsste, um `∆E` konstant zu halten. Zusätzlich ermöglichen stärkere Magneten zwar eine höhere Auflösung, sind allerdings auch teurer. Um diese Probleme zu umgehen, verwendet man bei der Messung ein Standardmolekül und setzt dessen `∆E` als Referenzpunkt.
Selbst wenn sich an verschiedenen Geräten der absolute Wert für `∆E` der Kerne unterscheidet, bleibt die relative Differenz zwischen den Kernen gleich. Das bedeutet beispielsweise, dass der `∆E`-Wert der Protonen im Wasser immer denselben relativen Abstand zum `∆E` des TMS-Referenzmoleküls hat.
Aus diesem Grund verwenden wir auch die relative Skala auf der x-Achse, anstelle einer absoluten Skala. Diese Skala gibt an, um wie viel ppm (parts per million) das Signal vom TMS-Signal abweicht. Diese Skala ist somit universell, da sie unabhängig vom Messgerät und dessen Magnetfeldstärke `B_0` ist.

Es gibt in jedem Spektrum noch ein zweites Signal, bei unserem Beispel bei 7,26 ppm. Dieses stammt vom Lösungsmittel, in diesem Fall deuteriertes Chloroform (CDCl3). In der NMR-Spektroskopie wird stets deuteriertes Lösungsmittel eingesetzt. Deuteriert heißt, dass wir anstelle vom 1H-Isotop das 2H-Isotop (Deuterium) in den Lösungsmittelmolekülen vorliegen haben. Dies ist notwendig, da wir sonst nur 1H-Signale vom Lösungsmittel messen würden, und die Signale unserer Probe überdeckt werden würden. Deuterium ist zwar auch NMR-aktiv (`I = 1`), hat aber ein anderes gyromagnetisches Verhältnis `gamma` als 1H, und folglich ein anderes `∆E`. Signale von Deuteriumkernen lassen sich deshalb nicht im 1H-NMR-Spektrum wiederfinden.
Warum haben wir dann trotzdem immer ein Signal vom Lösungsmittel im Spektrum vorliegen? Dies sind undeuterierte Lösungsmittelmoleküle, welche sich im deuterierten Lösungsmittel befinden. Eine 100 %ige Deuterierung ist technisch einfach sehr schwer bzw. extrem teuer.
Man beachte, dass das Signal bei 7,26 ppm spezifisch für CDCl3 ist. Es gibt auch andere geläufige Lösungsmittel für die NMR-Spektroskopie, wie deuteriertes DMSO (DMSO-d6) oder D2O. Diese zeigen dann an anderen Stellen im Spektrum Lösungsmittelsignale.

Auswerten eines einfachen Spektrums

Idealisiertes NMR-Spektrum von Ethylacetat Nun schauen wir uns ein idealisiertes 1H-NMR-Spektrum von Ethylacetat an. Ignorieren wir das Lösungsmittel- und das Referenzsignal (7,26 und 0 ppm), können wir drei Bereiche ausmachen, an welchen wir Signale sehen: 3,9-4,2 ppm, 2,1 ppm, 1,1-1,3 ppm. Dies sind drei Signale, auch wenn bei manchen Signalen mehrere Linien zu erkennen sind. Woher diese Aufspaltung innerhalb eines Signals stammt, klären wir gleich. Wir können schonmal festhalten, dass wir für Etyhlacetat auch drei Signale erwarten würde, da es im Molekül drei verschiedene Umgebungen gibt, an welchen sich Protonen befinden (rot umkreist).

Um ein Signal auszuwerten, werden sich drei Größen angeschaut: (i) die chemische Verschiebung, (ii) das Integral, und (iii) die Aufspaltung.

Die chemische Verschiebung (Übersicht)

Idealisiertes NMR-Spektrum von Ethylacetat Zuallererst schaut man sich an, in welcher Region (= bei welcher chemischen Verschiebung) sich die Signale befinden. Allgemein gilt:
Je entschützter der Kern, desto weiter links (downfield) befindet sich das Signal.

Aldehyd-H´s befinden sich bspw. ganz links im NMR-Spektrum, da die Elektronendichte der C-H-Bindung stark in Richtung Kohlenstoff geschoben wird. Alkane gelten als eher elektronenreich, und befinden sich deshalb weit rechts im Spektrum.
Allgemein muss gesagt sein, dass es sich bei den Regionen nicht um Gesetze handelt. Je nach Bindungssituation kann bspw. das Signal eines Alkens bei um die 7 ppm liegen. An den abgebildeten Bereichen kann man sich aber gut orietieren.
Für Ethylacetat ergibt sich also folgende Zuordnung, wenn man nur die Verschiebung betrachtet: Idealisiertes NMR-Spektrum von Ethylacetat

Die Integrale

Die Zuordnung muss nun durch die relativen Intensitäten der Signale bestätigt werden. Die Intensität wird bemessen, indem man jedes Signal einzeln integriert. Durch die Integration erhalten wir die Fläche unter der Signalkurve. Dafür wird ein Programm wie Mestrenova oder Bruker TopSpin benötigt.
Ein einzelnes Integral hat an sich keine Aussage, da die Intensität auch von der Menge der gelösten Probe abhängt. Relevant ist nur die relative Intensität der Signale untereinander. Wir wissen beispielsweise, dass das Signal bei 4,1 ppm eine relative Intensität von zwei haben muss, da sich zwei Protonen an dieser Stelle im Molekül befinden. Die beiden anderen Signale müssen eine relative Intensität von 3 besitzen, da es sich um CH3-Gruppen handelt - also idealerweise so: Idealisiertes NMR-Spektrum von Ethylacetat mit Integralen Man fängt beim Integrieren mit einem Signal an, welches man eindeutig zuordnen kann. In diesem Fall wählen wir die CH2-Gruppe. Im Programm wird der Bereich markiert, und es wird eine 1 als Integralwert erscheinen, solange wir noch kein anderes Integral als Referenz haben. Dieses kann man dann manuell auf 2 setzen, da wir ja wissen, dass es sich um eine CH2-Gruppe handelt. Alle Bereiche, welche wir danach integrieren, werden nun in Relation zum ersten Signal gesetzt. In der Realität sieht das dann meistens so aus: Realistische Intergale im NMR-Spektrum von Ethylacetat Die Integrale müssen nicht exakt dem Wert entsprechen, den wir erwarten. Leichte Abweichungen sind normal. Grund hierfür kann eine leicht verunreinigte Probe oder eine zu geringe Auflösung des NMR-Spektrometers sein. In unserem fiktiven Beispiel wären die Integrale völlig im Rahmen.

Spin-Spin-Kopplung  Kopplungskonstanten

Zu guter Letzt wollen wir unsere Zuordnung anhand der Kopplungskonstanten `J` verifizieren. Nun klären wir auch, warum manche Signale aufspalten in mehrere Linien und manche nicht. Wir gehen hier nicht in die Tiefe, sondern schauen uns hauptsächlich die Konsequenzen der Kopplung an.

Innerhalb eines Moleküls können durch kovalente Bindungen benachbarte Atome miteinander koppeln. Die Ausrichtung des Kernspin eines Kerns `A` kann durch die Bindungselektronen an andere Atome weitergegeben werden, wodurch ein anderer Kern (Kern `B`) das Magnetfeld von Kern `A` „spüren“ kann. Dieses Magnetfeld beeinflusst nun das lokale Magnetfeld (`B_(eff)`) von Kern `B` und sorgt dafür, dass dort neue Energieniveaus entstehen. Durch die neuen Energieniveaus gibt es nun auch neue Energieübergänge, was zum Auftreten mehrerer Linien im NMR-Spektrum führt. Die Kerne können maximal drei bis vier sigma-Bindungen auseinander sein, damit man eine Aufspaltung sieht.
Und woher weiß man, in wie viele Linien ein Signal aufspaltet? Allgemein gilt:
`text{Anzahl Linien} = 2n*I+1`
Anzahl Linien = 2n*I + 1 Wobei `n` die Anzahl an Kernen ist, die das Atom „sieht“, und `I` der altbekannte Kernspin ist. NMR-Inaktive Kerne wie 12C oder 16O koppeln dementsprechend nicht (I = 0).
Da wir uns in der Organik hauptsächlich mit 1H-NMR-Spektren befassen, können wir uns auf die H-H-Kopplung und den Fall ´I(^1H)=1/2´ beschränken. Die Aufspaltungsregel vereinfacht sich somit zu:
`text{Anzahl Linien} = n+1`
Wir sehen also immer eine Linie mehr als Wasserstoffkerne, mit denen der betrachtete Kern koppelt:
  • 1 benachbartes H `rightarrow` 2 Signale (Dublett)
  • 2 benachbarte H´s `rightarrow` 3 Signale (Triplett)
  • 3 benachbarte H´s `rightarrow` 4 Signale (Quadruplett)
Ganz allgemein spricht man übrigens von Multipletts, sobald wir mehr als eine Linie haben. Wir können nochmal prüfen, ob die Multipletts bei unseren Signalen unseren Erwartungen entsprechen: Multipletts im idealisierten NMR-Spektrum von Ethylacetat Und in der Tat sind die Aufspaltungen so, wie wir sie erwarten würden. Somit könnten wir die beiden Methyl-Gruppen klar zuordnen.

Nun stellt sich noch die Frage: Wie weit spalten die Signale eigentlich auf? Und wie intensiv sind die einzelnen Linien innerhalb eines Signals?
Letzteres kann man sich leicht mit einem Pascal´schen Dreieck herleiten: Pascalsches Dreieck für die Vorhersage der Intensitäten in Multipletts im NMR-Spektrum Bei einem Triplett erwarten wir, dass die äußeren beiden Linien halb so intensiv sind wie die Mittlere. Beim Quadruplett sind die mittleren beiden Signale dreimal so intensiv wie die äußeren beiden usw.

Der Abstand zwischen den Linien wird Kopplungskonstante genannt und trägt den Buchstaben `J`. Die Frage, wie groß die Kopplungskonstante bei einem Signal sein wird, ist etwas schwieriger vorherzusagen, da die Antwort von mehreren Faktoren abhängt. Die Kopplungkskonstante hängt unter Anderem ab von:
  • (i) dem Bindungstyp
  • (ii) dem Bindungswinkel
  • (iii) der Anzahl an kovalenten Bindungen zwischen den Kernen
Allgemein kann man sagen: Je weniger kovalente Bindungen zwischen den Kernen liegen, desto stärker die Kopplung. Die Kopplungskonstante `J` wird in Hz angegeben, und lässt sich leicht mit dem Auswertungsprogramm bestimmen. >Kerne, die miteinander koppeln, besitzen dieselbe Kopplungskonstante. Folglich kann man anhand der Multipletts bestimmen, welche Kerne benachbart sind und miteinander koppeln. Kopplungskonstanten Multipletts im idealisierten NMR-Spektrum von Ethylacetat

Weitere NMR-Experimente

Neben den Standard 1H- und 13C-NMR Spektren gibt es auch noch wichtige 2D-Experimente, welche in der organischen Chemie häufig gebraucht werden. 2D-Spektren geben uns mehr Informationen, als die 1D-Spektren, und erlauben sogar die Stukturaufklärung von unbekannten Verbindungen. Die wichtigsten sind HSQC (C-H-Bindungen), HMBC (benachbarte Kohlenstoffe), COSY (H-H-Kopplungen) und NOESY (räumliche Nähe). Wichtige 2D-NMR Experimente und was sie an Informationen liefern

Reales Beispiel

Im Folgenden sehen wir, wie ein reales 1H-NMR-Spektrum aussieht. Kannst Du die Signale zuordnen? Die Antwort mit Erklärung findest Du im Video zu diesem Artikel. Reales NMR-Spektrum aus der Laborpraxis

Auf einem Blick...


NMR-Spektroskopie


  • Via NMR-Spektroskopie lassen sich Atomkerne anhand ihrer chemischen Umgebung differenzieren
  • Zur Messung wird ein starkes externen Magnetfeld angelegt, was zur Aufspaltung der Spinzustände führt und die Messung derer Energiedifferenz `∆E` ermöglicht
  • `∆E` hängt vom Magnetfeld, Kerntyp, und der chemischen Umgebung ab
  • Für die Zuordnung der Signale werden chemische Verschiebung, Intensität und die Kopplungskonstanten `J` betrachtet
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Referenzen

1. J.Clayden, N.Greeves, S.Warren, P.Wothers in Organic Chemistry, Vol. 8, Oxford University Press, Oxford, 2008.
2. Y.-C. Ning in Structural Identification of Organic Compounds with Spectroscopic Techniques, Vol. 1, Wiley-VCH, Weinheim, 2005.
3. J. B. Lambert, S. Gronert, H. F. Shurvell, D. A. Lightner in Spektroskopie, Vol. 2, Pearson, München, 2012.

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Fragen

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Stufe 1 Wofür wird die NMR-Spektroskopie verwendet? Welche Informationen liefert sie?
Lösung Zur Strukturaufklärung und -bestätigung von Molekülen, vor allem in der organischen Chemie. Es werden Informationen zum Vorhandensein, der chemischen Umgebung und der Beziehung zwischen Atomkernen erhalten.
Stufe 2 Welcher Effekt wird ausgenutzt zur Messung? Wovon ist ∆E abhängig?
Lösung Der Zeemann-Effekt wird ausgenutzt. Der Zeemann-Effekt beschreibt, dass Spinzustände energetisch aufspalten, sobald ein externes Magnetfeld `B_0` angelegt wird (alpha- und beta-Spin).
Die daraus resultierende Energiedifferenz zwischen beiden Zuständen ∆E ist abhängig von der Stärke des Magnetfelds, dem Kerntyp, und der chemischen Umgebung des Kerns.
Stufe 3 Welche Parameter werden bei der Auswertung von NMR-Spektren berücksichtigt? Wovon hängen diese Parameter ab?
Lösung
  • Chemische Verschiebung `delta`: Abhängig von der chemischen Umgebung (abgeschirmt oder entschirmt).
  • Intensität: Abhängig von der Anzahl an Protonen, welche zum betrachteten Signal führen
  • Kopplungskonstanten `J`: Abhängig davon, ob und mit wie vielen NMR-aktiven Kernen ein Kern koppelt. Linienabstand (`J)` ist abhängig von der Anzahl an kovalenten Bindungen zwischen den Kernen, dem Bindungswinkel und dem Bindungstyp.

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