Nun gibt es eine wichtige Regel, die Du dir merken solltest:
Die Valenzschale ist die äußerste, mit Elektronen besetzte Schale in der Atomhülle.
Ganz wichtig: Dieses Aufnehmen oder Abgeben von Elektronen passiert immer in der äußersten Schale der Atomhülle, der Valenzschale. In ihr befinden sich die Valenzelektronen. Einfache Chemische Reaktionen sind immer ein Ergebnis davon, dass Valenzelektronen aufgenommen, abgegeben oder mit einem Reaktionspartner geteilt werden .
Wir schauen uns als Beispiel mal ein Chlor-Atom an. Es verfügt über sieben Valenzelektronen. Ihm fehlt noch ein Elektron, um die M-Schale zu füllen. Wenn es das tut, wird es zum negativ geladenen Chlorid-Ion.
An der Stelle verallgemeinern wir diese Regel:
Edelgase (alle Elemente aus der 18. Gruppe, wie Helium, Neon und Argon) haben immer abgeschlossene Valenzschalen, da sie ganz rechts im Periodensystem stehen und somit die maximale Anzahl an Valenzelektronen in ihrer dazugehörigen Schale haben.
Wenn ein Lithium-Atom ein Elektron abgibt, hat es zwei Elektronen in seiner K-Schale (nun die Valenzschale). Diese ist somit voll. Es hat genau so viele Elektronen wie das Edelgas Helium und somit dieselbe Elektronenkonfiguration wie Helium – das Lithium-Kation hat nun Edelgaskonfiguration! Genauso, wie das Chlorid-Ion auch Edelgaskonfiguration besitzt, nämlich die Elektronenkonfiguration von Argon.
Falls Du grade nicht folgen kannst, dann hole dir am besten ein Periodensystem zur Hand und lies die letzten Abschnitte erneut. Mache dir diesmal jedes mal die Position der Elemente im PSE bewusst, und auch wie viele Valenzelektronen sie besitzen in elementarer Form.
So lässt sich auch leicht erklären, warum Natrium mit einem Chlor-Atom zu Natriumchlorid (also Kochsalz) reagiert:
Juhu, die erste chemische Reaktion in diesem Kurs! Doch was passiert hier? Atomares Natrium und Chlor haben beide noch nicht die Edelgaskonfiguration erreicht. Wenn sie miteinander reagieren, erhält das Chlor ein Elektron vom Natrium. Beide sind nun glücklich, da sie nach der Reaktion die Edelgaskonfiguration erhalten haben.
Kurze Klarstellung:
Die Oktett-Regel ist eine Konsequenz aus dem Bestreben eines Atoms, Edelgaskonfiguration zu erhalten. Da allerdings bspw. das Lithium-Kation Edelgaskonfiguration besitzt, aber nur zwei Valenzelektronen hat, ist der Begriff „Oktett“ hier nichtzutreffend. Das trifft nur auf die Elemente mit der Ordnungszahl 5-20 zu, da sie bei Edelgaskonfiguration über acht Valenzelektronen verfügen. Die meisten Elemente danach haben bei Edelgaskonfiguration 18 oder mehr Valenzelektronen, weil die Schalen dort mehr Elektronen beherbergen können. Folglich solltest Du aufpassen, ob man wirklich von einem Elektronenoktett sprechen kann, oder ob der Begriff der Edelgaskonfiguration passender ist. Letzteres ist in jedem Fall zutreffend.
Auf einem Blick...
Oktettregel & Edelgaskonfiguration
- Die Valenzschale eines Atoms ist die äußerste, mit Elektronen besetzte Schale in der Atomhülle
- Atome streben danach, abgeschlossene Valenzschalen zu erhalten
- Dies ist der Fall, wenn sie Edelgaskonfiguration besitzen
- Wie viele Elektronen sich in einer Schale befinden können, lässt sich im PSE anhand der Anzahl an Elementen innerhalb einer Periode ablesen
- Einfache chemische Reaktionen bestehen aus einem Reaktionspartner, welcher Elektronen abgeben muss für die Edelgaskonfiguration, und einem Partner, welcher Elektronen dafür aufnehmen muss
Referenzen
1. E. Riedel, H.-J. Meyer in Allgemeine und anorganische Chemie,
Wenn nicht anders angegeben, sind alle Abbildungen selbst angefertigt.